Aus den Gazetten tönt es seit fast einem Jahrzehnt immer wieder, dass große Stückzahlen chinesischer (E-)Autos in Superfähren schon auf dem Meer schwämmen und es nur noch eine Frage von Wochen sei, bis diese auch unsere Straßen überfluten.

Warum fand das zum Glück für die europäische Autoindustrie nicht statt, oder besser gesagt, warum haben wir im Großen und Ganzen nur einen Anlauf mitbekommen, der jedoch damals kläglich scheiterte? Die FAZ schrieb am 21.6.2007 dazu:  Der Markteintritt der chinesischen Autofirma Brilliance in Deutschland wird von einem desaströsen Crashtest überschattet

Und dann dauert es mal geschwind 15 Jahre bis sich die Chinesische Autoindustrie erneut anschickt den europäischen Markt zu erobern. Was nicht nur an Corona lag, sondern auch daran, dass die chinesische Regierung offensichtlich auch Druck darauf gemacht hat, zuerst die nationale „Autopipeline“ zu füllen.

Dass man in der Zwischenzeit nicht geschlafen hat zeigt übrigens die letzte Veröffentlichung der Euro NCAP Tests. Dabei fiel nicht nur auf, dass E-Autos im Mittel besser abschnitten als Verbrenner, sondern auch daran, dass zwei chinesische Fahrzeuge das Prädikat „Best in Class“ erreicht haben. Das war zum einen in der Klasse „Small Family Cars“ der chinesische Ora Funky Cat sowie am anderen Ende der Größen- und Gewichtsskala der Wey Coffee 01 in der Klasse „Large-Off-Roader“.

Mittlerweile mehren sich die Anzeichen darauf, dass die erste große chinesische Exportwelle nach Europa jetzt tatsächlich kurz bevorsteht. Neu zugewachsenes, gerade auch technisches Selbstbewusstsein scheint nur ein guter Grund für die chinesische Autoindustrie zu sein, das jetzt zu tun.

Die mangelnde Lieferfähigkeit der Europäer bei E Fahrzeugen zu nutzen, den offenen Bedarf mit chinesischen Autos zu füllen ist nicht nur verlockend, sondern ist mit Sicht auf die inhärente Ertragschancen geradezu ein Muss für chinesische Hersteller.

Durch die früh aufgebauten Batteriekapazitäten sitzt man in China einfach am längeren Hebel, wenn es um die Verfügbarkeit von Traktionsbatterien geht, während die Europäer sich hinten anstellen müssen.

Die Spitze dieses Eisberges hat der deutsche Autovermieter Sixt erst jüngst markiert mit seiner Ankündigung 100 Tsd. chinesische E-Autos bestellt zu haben. Dies sei der Bedarf nach Abzug aller in Europa kaufbaren Fahrzeugkontingente, kommentierte man dort mit einem Seitenhieb auf die europäische Autoindustrie.

Und so scheint man nun in China bestens aufgestellt zu sein, Fahrzeuge in sehr großem Umfang, ausgestattet mit hochwertigen Batterien aus eigener Herstellung sowie gestählt durch die bereits von den hiesigen gesetzgebenden Behörden gratifizierten Crashtesteigenschaften der chinesischen Produkte den deutschen/europäischen Markt zu fluten.

Ein weiterer Aspekt liegt in den Marktgegebenheiten. Bedingt durch den Ukrainekrieg, hohe Energiepreise und galoppierender Inflation ist der lebenslang treue Kunde wohl so langsam bereit, das Credo das „Beste oder nichts“ nicht mehr ganz vorne anzustellen.

Dass übrigens auch Tesla mit dem E-Auto Tsunami in Europa rechnet, ist nicht zuletzt daran gut zu sehen, dass Musk die Preise von Modell 3 und Modell Y deutlich senkt!

Und stetig grüßt das Murmeltier, woran erinnert man sich denn, wenn man im langjährigen Vergleich auf die Automobilwirtschaft schaut? War da nicht schon mal eine ähnliche Situation und ja man wird fündig mit dem Blick auf die „japanische Autoschwemme“, die wir erlebten, als diese Autonation Mitte der Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts die Schleussen öffnete.

Kurze Retrospektive: die Fahrzeuge der deutschen Autoindustrie waren noch vielfach auf Heckantriebsplattformen. Viele werden sich erinnern, da gabs bei Opel den Kadett, den Ascona, den Rekord,…. Bei Ford hießen die Modelle Escort, Granada, Capri, und VW löste sich erst langsam vom Motor in der „Reserveradmulde“ namens Käfer (Heckmotor) und seiner Derivate. Natürlich gabs längst den DKW und auch den Traction Avant bei den französischen Herstellern, aber Mainstream ist anders.

Aus heutiger Sicht war es damals ‚5 vor 12‘, als dann VW mit Design von Giugiaro den futuristischen Golf 1 durchdrückte.

Und so ergab es sich, dass die Deutschen ihre ersten Fronttriebler bauten, während in Japan schon in der Vorwärtsbewegung große Stückzahl Fronttriebler die Werkstore verließen und man bereits nennenswert exportfähig war.

Und so waren schon die ersten Fronttriebler aus Japan verfügbar noch bevor es die deutschen Autos in Breite ins Schaufester geschafft hatten.

Und dann der Schock: viele japanische Autos mit deutlichen Produktvorteilen, aber auch funktionalen Vorteilen wie mehr Innenraum, keinen Mitteltunnel, kürzere äußere Abmessungen und das noch mit voller Ausstattung und geringerem Preis.

Und niemand hat trennscharf analysiert, dass eigentlich der Technologiewandel die Ursache war für das äußerst attraktive Paket der Japaner, das dann prompt sehr gute Verkaufsergebnisse zeitigte.

Und was hat das mit chinesischen E-Autos in 2023 zu tun? Wieder treffen Schiffe-weise herantransportierte Autos in Europa ein. Wieder hat ein Großteil der Bevölkerung noch kein solches E-Auto gefahren. Und wieder wird man den Vorteil der neu angreifenden innovativen Autonation China zuschreiben

Und jeder hierzulande wird natürlich den Chief Financial Officer Hut aufsetzen und wissen, dass die chinesischen Autos ja billiger sein müssen, einfach weil unsere Arbeitnehmer so teuer sind. In der längeren Sicht wird natürlich klar werden, dass E-Autos im eingeschwungenen Marktzustand und versehen mit -Industrie-eigener Batteriepower deutlich günstiger herzustellen sind als Verbrenner.

Und hier zeigt sich nun deutlich, dass das Aussitzen einer Technologie, wenn nicht gleich, so doch auf Zeit an heftige Nachteile geknüpft ist für die Industrie, die gewartet hat.

Wie denken Sie darüber? Schicken Sie mir Ihren Kommentar.

Beste Grüße,
Ihr Dr. Ulrich W. Schiefer, MBA

Wie Premiumhersteller auf die Bedrohung durch Tesla reagieren am Beispiel Daimler

Bilder: Daimler AG

Aus meiner subjektiven Sicht hat Daimler vielleicht am längsten gebraucht im Vergleich der deutschen Premiumhersteller, bis man Tesla tatsächlich als ernsthaft bedrohlichen Wettbewerber wahrgenommen hat. Schon davor haben die BMWler aus München Ihre Führungsmannschaft darauf eingeschworen, dass Musk der Sargnagel für ihrem Job sei, wenn sie sich nicht viel stärker anstrengen, um zu Tesla aufzuholen und Schritt zu halten. Und in deutschen Industrie-Kreisen hat man sich immer noch über den baldigen Bankrott von Tesla ausgebreitet in einer Zeit als schon offensichtlich war, dass Tesla einen Gutteil des Investments für die neuen Werke aus dem Cashflow nahm, weshalb dieser natürlich nicht „recordbraking“ war.

Doch wie ist nun der Weg, auf dem Daimler versucht, den Rückstand im Bereich elektro-angetriebener Fahrzeuge aufzuholen?

Der auf der CES 2022 virtuell vorgestellte EQXX spricht in dieser Hinsicht Bände. Ich würde das Konzept 100/1000 nennen wollen: mit 100 kWh 1000 km weit fahren, ist die hinterlegte Arithmetik.

Und in Worten: durch klassische Automobil-Engineering Kompetenz schnell einen Vorsprung bei der Reduzierung der Fahrwiderstände herausarbeiten und somit technologischen Aufholbedarf im Bereich der Auslegung des E-Stranges und der Nutzung der Batteriezellen und Effizienznachteile des elektrischen Antriebs idealerweise überkompensieren.

Aus meiner Sicht ist die Besinnung auf Kernkompetenzen und inhärente Wettbewerbsvorteile eine sehr gelungene Möglichkeit Wettbewerbsnachteile zu kompensieren.

So ist es heute nicht mehr in den Köpfen der Menschen, dass eigentlich im Daimlerumfeld die Grundlagen der Fahrzeugaerodynamik gelegt wurden. Wunibald Kamm, mit seinem bekannten Kammheck einer der Protagonisten, hatte seine Untersuchungen im Modellwindkanal der Universität Stuttgart durchgeführt. Dieser stand auf dem heutigen Daimler Gelände in Untertürkheim. Lange Jahre haben Daimler und die Hochschule den Kanal gemeinsam genutzt. 

Und Ironie des Schicksals, es wiederholt sich der Druck auf die Fahrwiderstände, wie er damals in der Energiekrise der 70er Jahre des vorigen Jahrtausends entstand. Die Reduzierung des Verbrauchs rückte deshalb ganz nach oben auf der To-Do Liste wegen vermeintlich ausgehender fossiler Treibstoffe. In der Folge übernahm zunächst der Audi 100 mit einem cW Wert von 0,3 die Führung und wurde dann ein paar Jahre später durch den Opel Calibra mit 0,27 noch deutlich unterboten.

Mangelnde Reichweite und Reichweitenangst erzeugen nun über 30 Jahre später im Kontext der sich entwickelnden Elektromobilität wieder einen enormen Druck, den Daimler als erster Hersteller in ein Weiterentwicklungsmomentum umsetzen konnte und mit dem EQS 2021 die Bastion 0,2 eroberte und mit dem EQXX Anfang 2022 nochmal deutlich unterschritt.

Der guten Ordnung halber muss erwähnt werden, dass das aber nicht nur ingenieurmäßige Großtat allein war, sondern dass ein signifikanter aerodynamischer Widerstandsanteil durch den im Vergleich zum Verbrenner sehr viel kleineren Wärmedissipationsbedarf des Elektroantriebs entfällt und quasi als ‚Morgengabe‘ dem Elektroauto automatisch in die Wiege gelegt ist.

Nachdem die Medien voll vom vermeintlich uneinholbaren Wettbewerber Tesla sind, der immer weiter wegläuft, werde ich nun eine Blogreihe beginnen, in der ich beschreibe mit welchen Maßnahmen speziell auch die Premiumhersteller den technischen Abstand verkleinern. Daimler geht hier voran und zeigt an diesem erfolgreichen Beispiel, wie man mit traditioneller Stärke ein ganz modernes Wettbewerbsproblem lösen kann.

Beste Grüße,
Ihr Dr. Ulrich W. Schiefer, MBA

Mercedes-Benz VISION EQXX, Exterieur // Mercedes-Benz VISION EQXX, exterior
Welche Auswirkungen hat die Elektrifizierung der Kraftfahrzeuge hinsichtlich Produktentwicklung und Personal?

Wolfgang Siebenpfeiffer und Ulrich W. Schiefer laden zur nächsten Folge ihrer Dialogplattform Fortschritt Mobilität am 15. Dezember ein. Bitte beachten Sie die neue Startzeit von 17:00 Uhr! Wir freuen wir uns auf einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch mit Ihnen zu der Frage:


„Welche Auswirkungen hat die Elektrifizierung der Kraftfahrzeuge hinsichtlich Produktentwicklung und Personal?“

Innerhalb der Fahrzeughersteller und ihrer Zulieferer hat der Transformationsprozess auch starke Auswirkungen auf die Entwicklungsbereiche und ihre Beschäftigten. Anpassungen bergen Konflikte aber auch Chancen in sich.

Welche Strategien führen zum Ziel?

Was haben wir inzwischen daraus gelernt?

Helfen uns politische Rahmenbedingungen und welche Erwartungen haben wir an sie?

Beteiligen Sie sich an dieser Diskussionsrunde und lassen Sie sich zum Jahresschluss davon inspirieren! 


Unser Ziel ist es gemeinsam zu einem „Mehr“ an Wissen, an Einsicht und zu praktischer Handlung zu kommen. Jeder ist willkommen für den Mobilität relevant ist, vor allem auch beruflich.

Wir, die beiden Moderatoren,

  • Wolfgang Siebenpfeiffer (ehemaliger Chefredakteur und Herausgeber ATZ/MTZ) und
  • Dr. Ulrich W. Schiefer (ehemals Entwicklungschef Aston Martin, BMW Le Mans-Chef, heute AtTrack-Geschäftsführer)

führen mit Impulsen in das Thema ein. Anschließend freuen wir uns auf Ihre Ansätze/Meinungen und gerne auch auf Ihre ganz persönlichen Berichte.

Die Veranstaltung findet online am Mittwoch, 15. Dezember, statt. Bitte beachten Sie die von den Teilnehmern vorheriger Veranstaltungen gewünschte vorgezogene Startzeit von 17 Uhr! Ihre Teilnahme ist kostenlos. Die Plätze sind allerdings begrenzt.

Wir freuen uns auf Sie!


Herzliche Grüße
Ulrich W. Schiefer und Wolfgang Siebenpfeiffer

Was tanken wir in Zukunft?

Gerade in Zeiten in denen die Spritpreise durch die Decke gehen, geht der öffentliche Diskurs hin und her zwischen „nichts mehr“, weil wir nur noch unsere Elektroautos laden und „immer noch flüssig“, gleich ob fossile oder designte Kraftstoffe oder Flüssigwasserstoff.

Interessanterweise hängt die Herstellung der diskutierten neuen Kraftstoffe sehr stark vom Vorhandensein regenerativ erzeugter elektrischer Energie ab.

So würde man in Zukunft im Brennstoffzellenauto onboard aus Wasserstoff Strom machen, während man für das batterieelektrische E-Auto im Kraftwerk aus Wasserstoff Strom macht und diesen dann durch Aufladen von im Auto untergebrachten Batterien dort bereitstellt.

Neuerdings taucht am Horizont der Silberstreif auf, der es erlauben würde, alle, auch die kühnsten Antriebsträume, wahr werden zu lassen. Das scheint unglaublich, aber nun rückt ein Forschertraum nach über 30 Jahren des Forschens, Wartens und Hoffens in greifbare Nähe: Es handelt sich um die Kernfusion.

Einmal mehr sind die Wurzeln dieser Technik in Deutschland, genauer in Garching bei München in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden. Spiritus Rector war der Fusionsforscher Klaus Pinkau am Max-Planck-Institut in Garching, dessen technische Leistung hoffentlich nicht in Vergessenheit geraten wird, nachdem er letzten Monat verstorben ist.

Und lange Jahre war der geschätzte großtechnische Serieneinsatz immer um 30 Jahre nach vorne datiert worden. Doch was ist denn nun anders, dass man berechtigte Hoffnung haben kann, dass das Rolling Start Date Vergangenheit ist und wir in absehbarer Zeit mit dem industriellen Einsatz rechnen können?

Anders ist vor allem, dass sich die amerikanischen Tech-Firmen engagieren und so mittlerweile 30 Start-ups angetreten sind, um die streng prozessgesteuerte Kernfusion beherrschbar zu machen.

Ganz untypisch ist es, dass auch ein deutsches Unternehmen in der Schlange um das große Geld steht. Und das braucht man offensichtlich, denn Marvel Fusion, das bayrische Start-up beziffert allein die Kosten für einen Teststand mit 350 Millionen €.

Es darf natürlich nicht vergessen werden, im gleichen Zuge mit der Entwicklung der Technologie an der Technologiefolgenbewertung zu arbeiten.

Nach allem was heute bekannt ist, ist der Prozess ungleich sicherer als die Spaltung weil er selbsterlöschend ist bei Abschalten der Anregungsenergie und es entsteht in ungleich geringerem Umfang radioaktiver Abfall als bei der Spaltung.

Jetzt wäre der Münchner Raum ja eine ideale Nachfolgezone für die Kernfusionsforschung, die ursprünglich aus dem Garchinger Fusionsreaktor stammt.

Und nun, Ironie des Schicksals, kommen ausgerechnet aus München Bedenken zu Tage, namentlich durch den grünen Politiker Anton Hofreiter. Es bleibt abzuwarten ob Marvel nach Hofreiters Ansage noch Geld bekommt.

Es können Wetten darauf abgeschlossen werden, dass hier noch vor den Deutschen, trotz deren 30-jährigen Technologievorsprungs, Tesla oder die Tec-Konzerne sich mittels eigenen Start-up „den Pokal“ sichern, bevor das deutsche Start-up zum Laufen kommt.

Einmal mehr hätte man dann eine Technologie entdeckt, erfunden, vorausentwickelt und war lange Zeit technologieführend, um gerade dann die Witterung zu verlieren, wenn das Produkt der Marktreife entgegen geht.

Doch wer auch immer das Rennen macht, wenn die Kernfusionstechnik sich durchsetzt, machen plötzlich all die Dinge in der neuen Mobilität Sinn, die bisher sehr hochpreisig waren, weil sie alle auf Grünstrom basieren, der zudem auf nicht absehbare Zeit ein knappes Gut sein wird.

Dr. Ulrich W. Schiefer, MBA

Erstmals hat das Tesla Model 3 den Thron des in Europa meistverkauften Autos bestiegen und dabei den Golf verdrängt, der in dieser Kategorie seit langem den Ton angegeben hat.

Bis vor nicht allzu langer Zeit  hätte sich kaum jemand vorstellen können, dass ein elektrisch angetriebenes und noch dazu amerikanisches Auto es schaffen könnte, in so einer wichtigen Kategorie Top of the List zu werden.

Jahrelang diskutieren die Medien den Technologiewandel, eingedeutschte Anglizismen beschreiben das Undenkbare und jetzt sind wir in der Gegenwart angekommen mit dem Begriff „Disruption“:

Das jahrzehntelang nach Verkäufen dominierende Verbrenner-Auto, die Volks-Ikone VW Golf, wird zumindest im letzten Quartal von der Elektro-Ikone Tesla Model 3 abgelöst.

Man würde es sich jedoch zu einfach machen, wenn man unterstellt, dass das nur dem allgemeinen Trend zum subventionierten E-Auto geschuldet ist.

Es kommen auch andere Effekte zum Tragen, wie z.B. die Knappheit von Zulieferteilen und da zuvorderst die Knappheit an elektronischer Hardware.

Doch da kommt sofort die Frage nach dem Wieso auf: Hat sich VW schlechter bevorratet als Tesla oder kommt gar ein prinzipieller Mangel des Verbrenner-Antriebs zum Tragen, der in vielen Bereichen komplexer ist als der Antrieb via E-Motor?

Ohne das im Einzelnen empirisch belegen zu können, würde der gesunde Menschenverstand sagen: „Von allem etwas“ ist wohl der Grund.

So musste VW ja in relativ kurzer Zeit mit der Bestandsorganisation nicht mehr nur die Verbrennungsantriebe beschaffen, sondern jetzt auch den E-Antrieb des in der Golfklasse laufenden ID3 bewältigen. Ein komplexeres Einkaufsszenario ist nun mal nicht per se resilienter und verzeihender als ein einfacheres.

Auch könnte man zum Schluss kommen, dass ja VW mit dem ID3 in eigenen Gewässern fischt und sicher ein iD3-Kauf zu einem bestimmten Prozentsatz einen Golf-Kauf substituiert. Doch das sind Zahlenspielchen. Was bleibt ist, dass hier eine neue Antriebstechnologie einer langbewährten alten massiv Konkurrenz macht. Und dieses Spiel nennt man Innovation, die in diesem Fall auch noch stark getrieben wird durch äußere Einflüsse wie den Klimawandel.

Ein Abbild dessen ist ja auch der Begriff „Tesla-Fighter“. Dieser Begriff bezieht sich auf Fahrzeuge, die die arrivierte Industrie als produktseitige Speerspitzen dem Rookie Tesla entgegensetzt.

Ein solcher ist z.B. der Porsche Taycan, dessen Mission, die offene Porsche-Flanke beim Elektroantrieb abzusichern, als gelungen gelten darf und dies obgleich das Produkt selbst noch nicht in jeder Hinsicht auf Tesla Niveau liegt.

Und in den nächsten Wochen kommt der BMW i4 als weiterer Vertreter der Tesla-Fighter-Klasse in den Markt. Wir dürfen gespannt sein, ob dieser „Angriff“ gelingt und der i4 nicht als Schaf im Wolfspelz abschneidet.

Nach Kühlergrillfläche hat der BMW schon jetzt gewonnen, der riesige Karosserieöffnungen mit hochaufragender Front vor sich herschiebt, während die Teslas sich am Vorderwagen eher flach und aerodynamisch optimiert ducken und klassisch windschnittig, wie ehedem die BMWs auftreten.

Und man fragt sich dann: Sollte der BMW mit seinem hohen E-Antriebswirkungsgrad sehr viel weniger Wärme emittieren als ein X5, wozu braucht es dann die großen Öffnungen?

Oder ist es das neue Normal, dass ich vermeintlich mit meinem BMW i4 ein ganz schöner Rabauke bin, der mit seinen großen Löchern in der Schürze die anderen Verkehrsteilnehmer einschnauft,  in Wirklichkeit aber doch ein ganz lieber und nachhaltiger Zeitgenosse bin?

Und was ist die Moral von der Geschichte? Der Technologiewandel ist eine schöne, bunte, abwechslungsreiche Zeit, aber er kennt Gewinner und Verlierer, er ist mal charmant, mal brutal und unbarmherzig.

Überhaupt denke ich, dass unsere hochentwickelte Autoindustrie keine „Killer“ oder „Fighter“ produzieren muss, sondern wie sie es schon so oft getan hat, einfach hervorragende, wettbewerbsfähige Produkte.

Ulrich W. Schiefer

(Bild von BMW Netherlands)

Recap Dialogforum Fortschritt Mobilität vom 20.10.2021 zum Thema Wasserstoff

Beim Dialogforum Fortschritt Mobilität am 20.10.2021 haben wir uns dem Thema Wasserstoff genähert. Jules Verne bewies schon 1874 seherische Fähigkeiten indem er dem Wasser die Macht zum „Kohlekiller“ zusprach. Neuerdings feiert das Thema fröhliche Urstände, motiviert durch die Menschheitsaufgabe zur Decarbonisierung.

 Die Diskussion zeigte schnell, dass nicht die Mobilität der erste Bedarfsträger für die Wasserstoffwirtschaft ist. Der Wasserstoff wird sich aus jetziger Sicht eher als der „Retter“ vieler Industrieprozesse gerieren. Genannt wurden insbesondere CO2 intensive Prozesse wie z.B. die Stahlverhüttung und die Zementherstellung. Aber natürlich bietet sich der Wasserstoff auch für die Mobilität an, wenn die Wasserstoffwirtschaft in Gang kommtund via Herstellung von H2, Speicherung, Transport und Tankkapazität auch für Fahrzeuge verfügbar wird. 

Als zentraler Diskussionsfocus stellte sich die Verfügbarkeit von grünem Strom heraus, weil die Herstellung grünen Wasserstoffs mit einem großen Grünstrombedarf einhergeht. Ein Teilnehmer von einem großen Engineering Dienstleister aus Bietigheim kommt  zum Schluß,  dass Mobilität auf Basis von Wasserstoff nur über den Import von Wasserstoff möglich sein wird.

Wolfgang Siebenpfeiffer fragt nachdrücklich, ob man gerade angesichts des schlechteren Wirkungsgrades des Brennstoffzellenprozesses im Vergleich zur Batteriespeicherung wirklich ernsthaft daran glauben kann, dass das Brennstoffzellenfahrzeug dem Vergleich mit dem rein batterieelektrischen Fahrzeug standhalten kann. 

Für Ulrich Schiefer ist es eher eine Frage des Timings und er stellt die Frage, ob es am Ende sein könnte, dass wir in Europa 10 Jahre zu spät die Elektromobilität angegangen haben und vielleicht 10 Jahre zu früh auf Brennstoffzellenfahrzeuge setzen. Die Relevanz des Wasserstoffeinsatzes auch in der Mobilität wurde nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

Die Direktverbrennung des Wasserstoffs im Verbrennungsmotor wird als interessante Übergangstechnologie gesehen. Andererseits wird wohl die Verstromung des Wasserstoffs in der Brennstoffzelle zur Nutzung im elektrisch angetriebenen Auto die in die Zukunft führende Technologie sein.

Zweifel wurden angemeldet, ob sich die Technologie in ganzer Breite vom Kleinwagen bis zum 38 Tonner gleichermaßen durchsetzen wird. Ein Teilnehmer aus dem Brennstoffzellenbereich eines OEM  betont  die Wichtigkeit der Technologie speziell für schwere Fahrzeuge Nfz und Busse. Üppige, schwere Batterieanlagen stellen da genügendes Drohpotential dar, das dafür sorgt, dass Daimler und Wettbewerber in die Technologie investieren.

Ulrich Schiefer zieht ein versöhnliches Fazit indem aus seiner Sicht das Batterieelektrische Fahrzeug der Wegbereiter auch für das Brennstoffzellenauto ist. Weil beide Antriebsvarianten elektromotorisch angetriebene Fahrzeuge sind, ist es eine wichtige Voraussetzung für die Brennstoffzelle, dass die Hersteller immer mehr elektromotorisch angetriebene Fahrzeugplattformen auf die Straße bringen.

An dieser Stelle möchten wir bereits auf das nächste Dialogforum Fortschritt Mobilität am 17.11.2021 um 18:00 Uhr hinweisen.

Wir wollen in unserer 3. Veranstaltung über den Leichtbau reden. Dieser wurde durch medial vielfach zitierten Relevanzverlust im Kontext des rekuperierenden Elektroautos neuerdings heftig in Frage gestellt. Ist das wirklich so, oder ist diese Aussage ein nicht zu Ende gedachter Irrtum?

Das und mehr wollen wir diskutieren und damit vor allem zur Planungssicherheit bei allen in der Industrie tätigen Playern beitragen. Den Link zur Anmeldung finden Sie ab dem 8.11.2021 auf der AtTrack Webseite www.attrack.de.

Strom oder Wasserstoff

Mittlerweile sieht man neben Teslas auch sehr viele VW-Stromer.

Die Diskussion über die Schnelligkeit, mit der die E-Mobilität eingeführt wird ist noch in vollem Gange, vielen geht das jetzt zu schnell. Sie sorgen sich um Ressourcen wie Ladesäulen, Strom und Batterierohstoffe.

Andererseits, ganz nach dem Motto „So viele Menschen können nicht irren“, ist es in weiten Bereichen Common Sense, dass das E-Auto machbar ist und für bestimmte Fahraufgaben schon heute besser ist als der Verbrenner.

Und immer mehr Menschen haben auch deutlich vor Augen, dass es ein eher sehr riskantes Unterfangen der deutschen Hersteller war, so lange die E-Mobilität zu ignorieren und insbesondere Tesla so lange unangefochten Vorreiter sein zu lassen.

So zeichnet es sich deutlich ab, dass wir mit der E-Mobilität zu spät in die Pötte gekommen sind.

Zurzeit wird die Zahl „40“ für die Menge neu geplanter Batteriewerke in Europa in den Medien herumgereicht, will sagen wir sind bei der batterieelektrischen Mobilität noch gar nicht angekommen. Schon bricht ein Diskussions- und Aktionssturm los über die Brennstoffzelle als kommender Antrieb der Mobilität.

Ist es vielleicht so, dass wir mit der E-Mobilität zu spät und zu zögerlich gehandelt haben und mit der Brennstoffzelle genau das Gegenteil passiert? Kann es sein, dass wir mit Fahrzeugen bereitstehen, und das ganze Umfeld – insbesondere der Kunde – noch nicht bereit ist?

Über das und vieles mehr wollen wir mit Ihnen sprechen in unserem Dialogforum „Fortschritt Mobilität“ unter dem Titel

„Vision 1874: Das Wasser ist die Kohle der Zukunft“.

Unsere Mission für den Abend ist es, dass alle im Nachhinein eine bessere Vorstellung davon haben, welche Rolle Wasserstoff für die Mobilität der Zukunft spielen kann.

Melden Sie sich doch gerne schnell hier an, wir freuen uns auf eine schöne Diskussion!

Sicherheit bei E-Tretrollern

Auf einer Tagung traf ich dieser Tage einen geschätzten Kollegen, der mir sichtlich bedrückt von einem schweren Unfall seines Sohnes mit einem Elektrotretroller berichtete. Schwere Verletzungen am Kopf und dort speziell im Gesicht waren das Ergebnis eines unglücklichen Unfalls mit einem solchen Mietgefährt.

Wenn heute ein solches Thema auf die Tagesordnung kommt, wird schnell eine Fahrzeugklasse per se in Frage gestellt.

Dabei ist es wichtig, die Thematik auf eine angemessene Art zu beleuchten, weil  diese Fahrzeuge eine Antwort auf eine wichtige Lücke im städtischen Verkehr sind, indem sie die menschliche Mobilitätsleistung etwa verfünffachen, d.h. der Fußweg über einen Kilometer kann zu einem zurückgelegten Rollerweg von 5 Kilometern führen.

Wenn man die Mobilitätsoption, die diese Fahrzeuge bieten, nicht missen möchte, muss man sich fragen, wie die gestellte Sicherheitsfrage gelöst werden kann.

Diese Frage kann man nur beantworten, wenn man sich darüber im Klaren ist, dass das für solche Kickboard-Roller spezifische Problem der stehende Fahrer ist, der sich ausschließlich über den Lenker abstützt.

Fährt nun der Fahrer auf ein Hindernis auf, kann das Fahrzeug dieses wegen seiner kleinen Räder und dem geringem Bodenabstand nicht überwinden, sondern steht schlagartig am Hindernis an. Dadurch entsteht bei einem von rechts nach links fahrenden Roller ein sehr starkes Moment entgegen dem Uhrzeigersinn.

Und wenn nun der Fahrer an der Lenkstange festhält, um seinem Sicherheitswunsch nach Abstützung entgegen zu kommen, ist es unausweichlich, dass der Roller mit dem darauf stehendem Mensch eine Linksdrehung vollzieht, wobei der Mensch mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem komplett gestreckten Körper auf dem Boden aufschlägt, was zu schweren Verletzungen vor allem im Kopfbereich führen kann.   

Zusammenfassend:

Es sollte dringend unter den Fahrzeug- und Verkehrssicherheitsexperten eine Diskussion über Kickboard-Unfälle und deren Vermeidung oder Schwereminderung aufkommen.

Besonders dem Gesichtsschutz sollte in diesem Maßnahmenpaket große Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Es könnte eine Helmpflicht eingeführt werden oder das Tragen eines Gesichtsschutzes. Eine andere Option wäre das Anlegen eines „Fahrrad-Airbags“. Die Aufgabe ist den Schweiß der Wackeren wert, schon angesichts der angestrebten ­„Vision Zero“, also dem übergeordneten Ziel, dass in einem vertretbaren Zeitrahmen niemand mehr im Straßenverkehr zu Tode kommt.

Autor: Ulrich W. Schiefer
Bildquelle: Hövding Sverige AB, Lizenz: Creative Commons Zuschreibung.

Simplizität und der Le Mans-Sieg

Das Magazin Auto Motor und Sport berichtet zu seinem 75. Geburtstag über „Die sieben Ikonen“, die sieben besten deutschen Siegerrennautos. Der BMW LMR V12, den ich mit meinem Team für den Einsatz im 24h Rennen von Le Mans 1999 entwickelt und eingesetzt habe, ist eines davon.

Über 100.000 Menschen. Schreiende Motoren. Kraftstoffgeruch in der Luft. Adrenalin im Blut und volle Konzentration.

Bei all der Komplexität so eines Renneinsatzes mit den vielen Menschen, den zahlreichen Renngegnern und der Materialschlacht – von der ersten Skizze bis zum Renneinsatz des Rennfahrzeuges BMW V12LMR galt immer das Gleiche: Simplizität. Es war fast eine Manie, wie wir versucht haben, immer den einfacheren Weg zu gehen, auch wenn es etwas faszinierend Kompliziertes gegeben hätte. Und durch diese Einfachheit konnten wir uns auf ausschlaggebende Details konzentrieren:

Wir haben z.B. großen technischen Aufwand betrieben um den Kraftstoffvorrat ganz genau zu bestimmen. So konnten wir den Tank möglichst auf den letzten Milliliter leerfahren und damit die Anzahl der Tankstopps reduzieren.

Keinen Gedanken haben wir daran verschwendet, wie man schnellstmöglich im Rennen das Getriebe wechseln kann. Stattdessen haben wir die wichtigen Komponenten getestet auf mehr als die doppelte Renndistanz die bei den 24h von Le Mans überhaupt hätte gefahren werden können. Nicht umsonst gilt auch heute noch der Spruch „First finish, before you finish first!“ – „Schaffe es erst ins Ziel, wenn Du gewinnen willst!“.

Auch andere technische Entscheidungen gingen direkt in den Rennbetrieb mit ein: So haben wir uns für ein offenes Auto entschieden, obwohl der Luftwiderstand schlechter war. Dadurch war die Spitzengeschwindigkeit kleiner, aber es war ein viel schnellerer Fahrwechsel möglich!

Die bei allen Faktoren gesetzte Priorisierung der Simplizität sparte uns wertvolle Ressourcen, wie Zeit und Kraftstoff und war so ausschlaggebend für den Sieg.

Und das Gefühl, das man hat, wenn das Auto, in das man ein Jahr sein ganzes Herzblut hineingesteckt hat, als erstes die Linie überquert, ist einfach großartig.

Autor: Ulrich W. Schiefer
Bildquelle: Andrew & Alan Frost, Lizenz: Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert.

Filettieren 2.0 – Kontrollverlust durch Innovationsmangel

Der Innovationsfluss wird oft als Voraussetzung für den Fortbestand von Firmen gesehen. Demnach sorgt er für marktrelevante Produkte und spannt ein Feld auf, in dem sich die zukünftige Geschäftstätigkeit abspielen kann. Und der Gegensatz wird dann gerne durch ein an Marktrelevanz mangelndes Produkt- oder Dienstleistungsportfolio beschrieben, das den Fortbestand der Firma gefährdet.

Doch was passiert denn in der Realität, wenn die Rahmenbedingungen so sind? Wie läuft das ab, wie fühlt sich das an und wohin führt das dann?

Wenn man in der Literatur zum Thema stöbert, findet man immer wieder Quellen, die zeigen, dass Innovationsmangel nicht geradewegs in den unternehmerischen Abgrund führt, sondern eher Firmen angreifbar macht, gerade im Falle ungünstiger äußerer Umstände, wie z.B. der Wirtschaftslage! Eigentlich ist das vergleichbar mit den Abwehrkräften des gesunden und vorbereiteten Körpers im Gegensatz zu den fehlenden eines erkrankten und anderweitig gestressten Körpers.

So wird z.B. immer wieder der Untergang der deutschen Uhrenindustrie dahingehend zitiert, dass nicht von einem Tag auf den anderen alle Menschen von Zeigeruhr auf Digitaluhr umgestellt haben. Sicher spielte es auch eine Rolle, dass die deutschen Anbieter keine attraktiven Digitaluhren im Programm hatten. Dies reflektierte dann indirekt auch auf die Zeigeruhren, die mehr und mehr in der Kundenwahrnehmung bei Firmen mit einem traditionellen, also unmodernen, Produktportfolio verortet wurden.

Bei genauerem Hinschauen zeigten sich aber eher makroökonomische Verwerfungen als Auslöser, des dann relativ schnellen Niedergangs und dort namentlich die Verschlechterung der Dollar/DM Parität, die die Kaufwilligkeit speziell amerikanischer Kunden schrumpfen ließ.

In diesem speziellen Fall der Uhrenindustrie führte das zu massenhaftem Arbeitsplatzabbau und auch zu Firmeninsolvenzen, sodass die Industrie in einem relativ engen Zeitfenster massiv schrumpfte.

Gibt es denn heute aktuelle ähnlich gelagerte Fälle, zum Beispiel auch in anderen Produktbereichen?

Ich möchte deshalb ein kurzes Schlaglicht auf die Elektromobilität im Kontext der Corona Pandemie werfen. 

Die weltweite Autoindustrie zeigte ein uneinheitliches Bild, hinsichtlich des Wandels in der Antriebstechnologie. Da gibt es den amerikanischen Frontrunner Tesla beim batterieelektrischen Auto. Andererseits gibt es die japanische Industrie mit dem Fahnenträger Toyota, die schon seit 20 Jahren für den hybriden Weg plädieren, nämlich Verbrenner und E-Motor im Auto parallel zu betreiben. Dann gab es interessante symbiotische Konstellationen, indem z.B. der Fiat-Chrysler Konzern (heute in Stellantis aufgegangen) die Emissionsgutschriften von Tesla kaufte, um seinen Emissionsüberhang aus den schweren Chrysler Fahrzeugen abzubauen.

Zudem gibt es Situationen, wie die des deutschen Premiumherstellers Daimler, wobei nicht abgesichert ist, ob das eine typische Konstellation für die Folge zögerlichen Umgangs mit Innovation ist. Dies ist auch kein Beispiel wo Innovationsmangel zum Kollaps führte, aber wohl eher ein Beispiel, in dem auch in Verbindung mit einer anderweitigen Krise, wie z.B. der Covid-Pandemie, ein Stück weit die unternehmerische Hoheit an andere Player geht, die möglicherweise vorwiegend durch Eigeninteressen getrieben agieren.

Und da alles parallel stattfindet, ist es schwer zu sagen, was Ursache und was Folge ist. So gab man den Technologievorsprung bei Brennstoffzellenantrieben an asiatische Player wie Toyota und Kia ab, obwohl man vorher das Thema über nahezu 30 Jahre im Vorentwicklungsstadium dominierte.

Bei der Batterieelektrik zog man keine durchgehende Linie, sondern startete immer wieder mit Smart, A- und B-Klasse, um jedes Mal nach kurzer Zyklenzeit wieder zurückzuziehen. Aus Kundensicht war nicht nachvollziehbar was der Grund dafür war, so dass mediale Spekulation über den Mangel an Batterien die Oberhand gewann.

Und so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieses Jonglieren die Gelegenheit bot, dass andere Player ihren Einfluss steigerten. Könnte man das vielleicht mit dem Begriff „Filettieren 2.0“ beschreiben, vermochten es doch asiatische Aktionäre, sich ein signifikantes Aktienpaket zu sichern, dann in Form von Smart eine ganze Baureihe einzuverleiben und wenig später eine vierzylindrige Motorenbaureihe. Ob die Zerlegung in eigenständige LKW und PKW Konzerne auf den gleichen Bruchstrich passt, wird man in ein paar Jahren sehen.

Und da könnte es nun durchaus sein, dass wenn sich der komplette Corona Lockdown Nebel verzieht, offenbar wird, dass andere am Hebel der Macht stehen.

Dr Ulrich W. Schiefer, MBA; AtTrack GmbH

Bildquellen von links nach rechts:
– Daimler AG
Mabit1, Wikimedia, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kienzle_Taschenuhr_2.jpg
– Pexels